Lokale Netzwerke Frühe Hilfen


Bereits 2010 wurde im Unstrut-Hainich-Kreis mit dem Aufbau eines Netzwerkes Frühe Hilfen begonnen. Die Finanzierung haben Kreis und Land gemeinsam aus Jugendhilfemitteln übernommen. Durch die deutschlandweite Initiative zu den Frühen Hilfen bekommt die Netzwerkarbeit neuen Schwung.

Verantwortlich für das Netzwerk Frühe Hilfen im Unstrut-Hainich-Kreis ist Frau Melanie Thon. Sie stammt aus der Region und ist fast seit Beginn mit dieser Aufgabe betraut. Angestellt ist die junge Frau bei der Arbeiterwohlfahrt Bad Langensalza e. V.

Im Gespräch wurden von Frau Thon folgende Fragen beantwortet:

Was ist ein Netzwerk?

Ganz allgemein kann man ein Netzwerk als eine Gruppe von Personen oder Einrichtungen bezeichnen, die einen ähnlichen beruflichen Hintergrund haben, sich mit einer ähnlichen Personengruppe beschäftigen und gleiche Ziele verfolgen.“, so fasst Frau Thon den umfangreichen Begriff „Netzwerk“ in einem Satz zusammen.

Im Falle des Netzwerkes Frühe Hilfen beteiligen sich Berufsgruppen bzw. Einrichtungen der Jugend- und Sozialhilfe sowie des Gesundheitswesens. Das gemeinsame Ziel ist es, Familien mit kleinen Kindern – also bis etwa drei Jahren – zu unterstützen, damit die Kinder einen guten Start haben. Das Wort „Früh“ in Frühe Hilfe bezieht sich also zunächst auf das Lebensalter der Kinder. Auch schwangere Frauen und werdende Eltern können von den Frühen Hilfen profitieren. Andererseits wollen Frühe Hilfen frühzeitig unterstützen, also bevor Probleme sich auftürmen.

Wofür ist ein Netzwerk gut?

Im Kreis gibt es viele gute Angebote für Schwangere und Eltern mit kleinen Kindern. Die Frage ist, wie die Menschen von diesen Angeboten erfahren, um sie auch nutzen zu können“, meint Frau Thon. Weiter führt sie aus: „Die Anbieter von Unterstützungsleistungen sollten nicht nur ihr eigenes Angebot kennen, sondern auch die Angebote anderer Einrichtungen und Dienste. Nur auf diese Weise ist es möglich, Familien passgenau in weitere Hilfen zu vermitteln. Sehr hilfreich ist dabei, wenn man einen Ansprechpartner in der anderen Einrichtung hat und diesen persönlich kennt“.

Das gegenseitige Kennen der Angebote und die verbesserte Zusammenarbeit dienen einem Ziel: „Wichtig ist vor allem, dass die Hilfe bei den Familien ankommt“, fasst Frau Thon zusammen.

Wer beteiligt sich am Netzwerk Frühe Hilfen des Unstrut-Hainich-Kreises?

Das Netzwerk der Frühen Hilfen ist im Unstrut-Hainich-Kreis bereits weit entwickelt. Mit dabei sind insbesondere: Schwangerschaftsberatungsstellen, Kinderärzte, Frauenärzte, Hebammen, Familienhebammen, Frühförderstellen, das Gesundheitsamt, das Jugendamt, die Erziehungsberatungsstellen, die Geburtsstation der Klinik, die Familienzentren und noch etliche mehr.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit der Netzwerkpartner?

Sehr wichtig für die Zusammenarbeit sind die regelmäßigen Netzwerktreffen“, beantwortet die Netzwerkkoordinatorin die Frage spontan. Diese finden jeweils in einer anderen Einrichtung statt. Auf diesem Wege stellen die Einrichtungen ihre Leistungen vor. Dabei lernen sich die Netzwerkpartner persönlich kennen, schaffen ein gutes Arbeitsklima und entwickeln ein Vertrauensverhältnis.

Es ist toll, dass es zwischen den Trägern mittlerweile mehr um gegenseitiges Ergänzen, als um Wettbewerb geht“, findet Frau Thon. So wurde in der Zusammenarbeit festgestellt, dass in einem Stadtteil ein Angebot für Mütter mit Babys fehlt. In gemeinsamer Abstimmung wird nun versucht, diese Angebotslücke zu schließen.

Aber auch Abläufe insbesondere zur Vermittlung in weiterführende Hilfeleistungen werden im Netzwerk diskutiert. „Dies ist für die einzelnen Mitglieder des Netzwerkes ein heikles Thema, da alle ihre eigenen Vorschriften zum Datenschutz beachten müssen. Nur im Austausch können Lösungen gefunden werden, wie Familien unter Beachtung des Datenschutzes weitervermittelt werden können“, meint Frau Thon.

Durch gemeinsame Absprachen, regelmäßigen Austausch und den Abschluss von Kooperationsvereinbarungen werden aus den einzelnen Einrichtungen echte Netzwerkpartner.

Was macht dabei die Netzwerkkoordinatorin? Welche Aufgaben übernimmt sie noch?

Die Hauptaufgaben der Netzwerkkoordinatorin sind die vorhandenen Einrichtungen für die Netzwerkarbeit zu gewinnen, sie zu informieren und zusammenzuhalten. Dazu gehört die gemeinsamen Treffen vorzubereiten, durchzuführen und im Nachgang offene Fragen zu klären. „Ohne eine gute Organisation darf man keine Ergebnisse erhoffen“, schätzt Frau Thon ein. Termine und Inhalte müssen abgestimmt, Räumlichkeiten gefunden, die Veranstaltung moderiert und im Nachgang ein Protokoll geschrieben und versendet werden – um all dies kümmert sich Frau Thon. Berufsgruppenübergreifende Fortbildungen für die Netzwerkpartner vor Ort sind ebenfalls sehr gefragt. Dazu müssen Themen ausgewählt, fachkundige Referenten gefunden und die Finanzierung sichergestellt werden.

Aber Netzwerkkoordinierenden müssen nicht nur Organisationstalente sein, sie müssen sich auch stetig weiterbilden und über den „Tellerrand“ des eigenen Kreises blicken. Frau Thon fragt sich stetig: „Was müsste es für weitere Angebote geben? Wie erreichen wir die Familien noch besser? Wer könnte sich außerdem als hilfreich für das Netzwerk erweisen?

Neben diesen Aufgabenschwerpunkten der Netzwerkarbeit führt Frau Thon gemeinsam mit einer Kollegin im gesamten Landkreis die „Willkommensbesuche“ für Neugeborene durch. „Rund 850 Geburten gibt es im Unstrut-Hainich-Kreis jedes Jahr. Von Dezember 2012 bis einschließlich August 2013 haben wir mehr als 500 Elternbesuche durchgeführt. Wir haben damit mehr als 90% der Eltern erreicht. Die Familien nehmen den freiwilligen Besuchsdienst gern an“, freut sich Frau Thon. Bei diesen Besuchen werden die Eltern über alle Angebote für einen guten Start mit dem neuen Familienmitglied informiert und bei Bedarf gleich an die richtigen Ansprechpartner vermittelt. „Neulich staunte eine Mutter mit vier Kindern über die vielen Angebote, die sie bisher noch nicht kannte“, berichtet die Netzwerkerin. Für Frau Thon und ihre Kollegin stellen die „Willkommensbesuche“ einen hohen Zeitaufwand dar. Dennoch möchte sie nicht darauf verzichten, denn so behalte sie ein gutes Gefühl dafür, welchen Problemstellungen frischgebackene Eltern gegenüberstehen.

Sprechen die Netzwerkpartner miteinander über ihre Arbeit mit den Familien?

Grundsätzlich sind die Frühen Hilfen Unterstützungsleistungen, die freiwillig in Anspruch genommen werden können. Die Schweigepflicht der einzelnen Netzwerkpartner bleibt im gesetzlichen Rahmen weiter bestehen. Das bedeutet, dass Netzwerkpartner persönliche Daten nur mit der Zustimmung der Eltern an andere Stellen weitergeben.

Ohne dass eine Zustimmung der Eltern zur Datenweitergabe müssen die persönlichen Angaben so sehr verändert werden, dass kein Rückschluss auf die betroffene Familie möglich ist. Weitere Informationen zum Datenschutz: "Datenschutz bei Frühen Hilfen - Praxiswissen kompakt" (Broschüre)

Was haben die Familien von der Netzwerkarbeit?

Von der Hintergrundarbeit des Netzwerkes werden die Familien nicht unmittelbar etwas merken. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass die Familien zum Beispiel durch passgenaue Vermittlung direkt von der Vernetzung der Angebote profitieren“, sagt Frau Thon.

Die Bedarfslagen von Familien sind vielfältig und weitestgehend unabhängig von Einkommen und Bildungsgrad. „Ich hätte mir auch Unterstützung nach der Geburt meiner Tochter gewünscht. Die Kleine war sehr schwer zu beruhigen und ich noch sehr mit meinem Studienabschluss beschäftigt. Mein Mann war zu dieser Zeit werktags beruflich unterwegs. Mit etwas Hilfe wäre sicher alles viel leichter gegangen“, erinnert sich Frau Thon.

Durch die Frühen Hilfen erfahren frischgebackene Eltern über die „Willkommensbesuche“ schon frühzeitig, wohin sie sich für Beratung, Hilfe oder auch zur Freizeitgestaltung wenden können. Der Kinderarzt weiß um die Leistungen der Familienhebamme und kann die Eltern direkt dorthin vermitteln. Die neue Baby-Krabbel-Gruppe ermöglicht jungen, alleinerziehenden Müttern in ihrem Stadtgebiet Anschluss und Austausch zu finden. So wirken Frühe Hilfen und das nicht nur im Unstrut-Hainich-Kreis.

Was sagen die Netzwerkpartner dazu?

Die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen hat sich erheblich verbessert!
Frau Schmidt, Erziehungsberatungsstelle des ...   

Man merkt die Arbeit der Familienhebamme bei jeder U-Untersuchung ganz deutlich.
Dr. med. Joachim Wurst, Kinderarzt

Was sagen die Familien im Unstrut-Hainich-Kreis dazu?

Ich hätte nie gedacht, dass es so viele gute Unterstützungsangebote in meiner Nähe gibt. Ich dachte echt, ich stehe allein mit meinen Problemen da.
Frau M. (19) alleinerziehende Mutter von Zwillingen  

Na da hat sich ihr Besuch ja doch gelohnt. Ich habe nicht viel erwartet und dachte schon, was wollen Sie mich denn hier noch beraten? Vielen Dank für die wertvollen Informationen.
Frau W., 2. Kind (1. Kind 7 Jahre)

Wie kann ich die Netzwerkkoordinatoren in den Landkreisen und kreisfreien Städten erreichen?

Frau Thon kann über diese Kontaktdaten erreicht werden:

AWO Bad Langensalza
Netzwerk- und Koordinierungsstelle Frühe Hilfen 
Thomas-Müntzer-Platz 3
99947 Bad Langensalza
Tel.: 03603/808945
E-Mail: fruehehilfen@awo-lsz.de


Die Kontaktdaten aller Thüringer Netzwerkkoordinierenden finden Sie hier.